«Die Schnittmenge von Roboter und künstlicher Intelligenz ist die Zukunft»

Gewerbe Stadt St.Gallen
22.02.24
Autor/in: Michael Breu
Rund 140 Gewerbetreibende aus Stadt und Region St.Gallen informierten sich am Dienstagabend im Rahmen der Veranstaltung Gewerbe@OST über künstliche Intelligenz und deren Chancen für die Wirtschaft. Der Fachvortrag fand im Rahmen einer Partnerschaft zwischen dem Verband Gewerbe Stadt St.Gallen und der OST – Ostschweizer Fachhochschule statt.

Das gab es noch nie. Zum ersten Mal musste der Fachvortrag vom bewährten Hörsaal in den Theatersaal 1 in der Lokremise ausweichen, weil der traditionelle Veranstaltungsort im Fachhochschulzentrum für 140 Teilnehmende zu klein war. «Es ist ein enorm grosses Interesse, mit dem Vortrag treffen wir ‹die Seele der Zeit›», sagte den auch Gian Bazzi, Präsident von Gewerbe Stadt St.Gallen, in seiner Einleitung.

Im Rahmen der Partnerschaft Gewerbe@OST referierte Guido Schuster, Direktor des ICAI Interdisciplinary Center for Artificial Intelligence an der OST – Ostschweizer Fachhochschule, am Dienstagabend über künstliche Intelligenz und deren Chancen für die Wirtschaft. Künstliche Intelligenz lasse sich in etwa mit der Erfindung der Elektrizität vor 150 Jahren vergleichen: «Sie wird einen grossen Impact auf die Gesellschaft haben», sagte der OST-Professor. «Eine Maschine macht etwas, das man als intelligent bezeichnen könnte. Wenn ein Mensch das gleiche machen würde, dann ist das ‹schwache› künstliche Intelligenz. Sobald die Maschine dies in vielen verschiedenen Gebieten kann, dann weitet sich der Begriff aus und man fängt an von ‹starker› künstlicher Intelligenz zu sprechen. Heute haben wir viele ‹schwache› künstliche Intelligenzen, und man streitet sich darüber, ob ChatGPT bereits Zeichen von ‹starker› künstlicher Intelligenz zeigt», erklärte Schuster.

Das ICAI Interdisciplinary Center for Artificial Intelligence der OST hat bereits verschiedene Anwendungen mit künstlicher Intelligenz zur Marktreife verholfen. So interpretieren die modernen EKG-Messgeräte von Schiller die Herzströme selbst – ohne Hilfe einer Kardiologin. Im Flugsimulator von Loft Dynamics kann man das Fliegen eines Helikopters lernen, ohne jemals vom Boden abzuheben – der weltweit erste Flugsimulator, der für diese Zwecke von den Luftfahrtbehörden zertifiziert wurde. Und die neusten Spritzgusssysteme von Kraus-Maffei seien dank den Entwicklungen an der OST bald mit Systemen ausgestattet, welche die klassische Qualitätskontrolle im Labor überflüssig macht, weil die Qualität der Teile bereits während dem Herstellungsprozess genau vorhergesagt werden kann.

«Künstliche Intelligenz sind nicht Roboter, und Roboter sind keine künstliche Intelligenz», erklärte Guido Schuster. Roboterentwicklung ist langsam, Roboter sind nur lokal verfügbar und in der Herstellung teuer, während künstliche Intelligenz eine grosse Iterationsgeschwindigkeit aufweise, global verfügbar und günstig in der Herstellung sei. «Die Schnittmenge von Roboter und künstlicher Intelligenz ist die Zukunft», so der OST-Professor.

Die Anwendung von künstlicher Intelligenz sei an der OST – Ostschweizer Fachhochschule Teil der Ausbildung in allen Lehrgängen, sagte Pascale Baer-Baldauf, Leiterin des Instituts für Informations- und Prozessmanagement und Professorin für Wirtschaftsinformatik, in ihrem Schlusswort. Denn künstliche Intelligenz werde in Zukunft auf jeden Arbeits- und Lebensbereich fundamentalen Einfluss haben.

«Büroarbeiten werden durch KI-Automation schneller»

Kleine und mittelgrosses Unternehmen müssen sich mit KI befassen. Wo kann KI das Gewerbe unterstützen?

Guido Schuster: Sobald Microsoft ihren KI-Copilot in Office 365 ausrollt, werden viele Büroarbeiten durch KI-Automation schneller. Somit bleibt dem Gewerbe mehr Zeit für andere Aktivitäten.

Was müssen KMU tun, damit sie den Anschluss nicht verpasst? Heute einsteigen oder kann man noch etwas zuwarten?

Schuster: Sobald die Werkzeuge zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel in Office 365, muss man sich einen Ruck geben und diese Werkzeuge auch benutzen. Am Anfang wird dies wie immer aufwendig sein, aber innert kurzer Zeit wird man wesentlich effizienter werden. Aktiv neue Werkzeuge zu suchen, macht im Gewerbe wahrscheinlich eher weniger Sinn.

Noch zum Kosten-Nutzen-Verhältnis. Mit welchen Kosten muss ein KMU rechnen, wenn es KI einsetzen will?

Schuster: In den meisten Fällen werden die Werkzeuge automatisch mit AI verbessert, und es entstehen keine neuen Kosten. Ich erwarte, dass durch die Effizienzsteigerung die Kosten für alle administrativen Arbeiten signifikant fallen werden.

Alle Studierenden an der OST sollen künftig die Grundideen von KI verstehen, deshalb wurde unter anderem das ICAI Interdisciplinary Center for Artificial Intelligence gegründet. Gibt es auch Angebote für Gewerbetreibende?

Schuster: Wir bereiten einen CAS-Lehrgang AI vor, wo wir interessierten Personen die Grundlagen von AI in einer sehr zugänglichen Art vermitteln. Ausserdem werden im CAS AI auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten und die Einsatzgebiete von AI vorgestellt. Dies wäre sicher eine Weiterbildung, von der Gewerbetreibende viel profitieren können.

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