«Digitalisierung funktioniert nur, wenn der Mensch im Zentrum steht»

Gewerbe Stadt St.Gallen
01.09.22
Autor/in: Michael Breu
Die Herausforderungen am Produktionsstandort Schweiz als Hochlohnland sind hoch. Durch die fortschreitende Digitalisierung eröffnen sich neue Chancen für Schweizer Produktionsbetriebe. Eine Produktionsstrategie inklusive Komplexitätsmanagement, aktuelle Lean-Management-Ansätze oder ein integrierter Datenfluss sind notwendige Voraussetzungen zur erfolgreichen Nutzung der Chancen in Verbindung mit Industrie 4.0.

Prof. Dr. Roman Hänggi ist Professor am Institut für Produktdesign, Entwicklung und Konstruktion (IPEK) an der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Im Rahmen der Zyklusanlässe von Gewerbe Stadt St.Gallen und der OST gibt er Einblick, wie man Produktmanagement 4.0 erfolgreich im Unternehmen etabliert – hier vorab im Interview mit Michael Breu.


Roman Hänggi, über die Industrie 4.0 wird und wurde viel geschrieben. Dabei heisst es meist, dass dieser digitalen Industrie die Zukunft gehöre. Inzwischen ist es zehn Jahre her, als der Begriff erstmals an der Hannover Messe geprägt wurde. Wo stehen wir den heute, sind wir Industrie 4.0?
Roman Hänggi: Für viele Betriebe in der Schweiz ist die Digitalisierung seit Jahren ein konstanter Begleiter. Prozesse werden digitalisiert oder neue digitale Dienstleistungen werden geschaffen. Der Begriff von Industrie 4.0 hat sicher der Digitalisierung ein «Gesicht» gegeben. Speziell neue Technologien oder Begriffe wie «Internet der Dinge», Cloud oder Data Analytics sind verstärkt im Einsatz. Diese neuen Technologien sind eine konstante Weiterführung aller Digitalisierungsbestrebungen der Firmen.


Wir können uns den Industriebetrieb 4.0 vorstellen, wo Roboter selbständig Schrauben abfüllen und beim Leerstand die Nachbestellung auslösen – wie etwa beim Unternehmen SFS in Heerbrugg. Produktionsmanagement hingegen ist eine Führungsaufgabe – wie verändert sich denn diese im Umfeld der Industrie 4.0?
Digitalisierung funktioniert nur, wenn der Mensch im Zentrum steht. Neue Technologien können nur mit den Mitarbeitenden erfolgreich eingeführt werden. Roboter sind sicher heute vermehrt im Einsatz, aber nur dort, wo sie Sinn machen, und sie unterstützen die Menschen in der Fabrik. Dies ist der erfolgreiche Ansatz. Menschenleere Fabriken gibt es nicht. Sie wären auch nicht effizient, da die Komplexität zu gross und die Flexibilität zu gering ist.

Was sind die Herausforderungen, die sich im Produktionsmanagement 4.0 für kleine und mittelständische Unternehmen stellen, wie wir sie hier in der Stadt St.Gallen haben?
Digitalisierung streitet weiter voran. Neue Technologien werden breiter einsetzbar sein. Das Produktionsmanagement der Zukunft setzt digitale Technologien vermehrt ein, um weitere Effizienzsteigerungen zu erzielen. Wichtig ist jedoch für mich, dass nur stabile und verschwendungsarme Prozesse digitalisiert werden sollen. Mit anderen Worten «Lean» zuerst.

Sie haben es schon angedeutet, die grossen Unternehmen haben digitalisiert, sie sind bereit für die Industrie 4.0. Nachholbedarf gibt es hingegen bei den KMU. Wie soll, wie muss nun die Bäckerei von nebenan im Produktionsmanagement vorgehen, um fit zu werden für die Zukunft?
Da bin ich nicht sicher. Ich kenne viele KMU, die haben umfassend digitalisiert und sind hochinnovativ. Grosse Unternehmen habe oft den Nachteil, dass die Organisation viele Schnittstellen im Unternehmen aufweist. Diese organisatorischen Hürden helfen bei der Digitalisierung nicht. Da haben es KMU einfacher.

Zyklusanlass – Kommen Sie auch?

Das Gewerbe Stadt St.Gallen und die OST laden zum Zyklusanlass: Dienstag, 27. September 2022, 17 Uhr,
OST, Aula, Rosenbergstrasse 59, 9000 St.Gallen. Anmeldung an: sekretariat@gsgv.ch

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